Wenn ein Mensch stirbt, endet nicht nur sein Leben – auch sein Vermögen muss geregelt werden. Wer bekommt das Haus? Wer erbt die Schulden? Wer hat Anspruch auf Pflichtteile, Vermächtnisse oder bestimmte Gegenstände? Im Mittelpunkt dieser Fragen steht der Erblasser – die verstorbene Person, von der der Nachlass ausgeht.
Der Erblasser bildet den Ausgangspunkt jeder Erbfolge, sei es durch ein Testament, einen Erbvertrag oder durch die gesetzlich festgelegten Regelungen. Dieser Beitrag erläutert detailliert, was ein Erblasser ist, welche Rechte und Pflichten er zu Lebzeiten hat, was nach seinem Tod geschieht und wie Erben richtig mit der Situation umgehen.
Was bedeutet der Begriff Erblasser?
Der Begriff „Erblasser“ ist im deutschen Erbrecht klar definiert: Es handelt sich um eine natürliche Person, die verstorben ist und deren Vermögen – der sogenannte Nachlass – auf eine oder mehrere Personen übergeht. Nur natürliche Personen können Erblasser sein. Juristische Personen wie GmbHs, Stiftungen oder Vereine scheiden aus, da sie nicht sterben können und somit keine natürliche Erbfolge auslösen.
Ein Erblasser kann über ein Testament oder einen Erbvertrag zu Lebzeiten regeln, wie der Nachlass verteilt werden soll. Tut er dies nicht, greift automatisch die gesetzliche Erbfolge gemäß den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Testierfähigkeit des Erblassers
Die Fähigkeit, ein Testament rechtswirksam zu erstellen, wird als Testierfähigkeit bezeichnet. Sie ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass der letzte Wille überhaupt Gültigkeit besitzt. Wer testierunfähig ist, kann kein wirksames Testament verfassen.
Testierfähig ist grundsätzlich jeder, der das 16. Lebensjahr vollendet hat. Bei Minderjährigen gelten Einschränkungen: Sie dürfen ein Testament nur eigenhändig schreiben, nicht aber in notarieller Form. Darüber hinaus muss die Person geistig in der Lage sein, die Tragweite ihrer Entscheidungen zu erkennen und zu beurteilen. Das ist etwa bei schweren psychischen Erkrankungen oder Demenz nicht immer der Fall.
Fehlt die Testierfähigkeit, ist das Testament anfechtbar oder gar von vornherein unwirksam. In solchen Fällen greift häufig die gesetzliche Erbfolge – was in vielen Familien zu Konflikten führt. Deshalb sollte im Zweifel die Testierfähigkeit durch ein ärztliches Attest dokumentiert werden, insbesondere bei älteren oder gesundheitlich beeinträchtigten Personen.
Möglichkeiten zur Nachlassregelung
Ein Erblasser kann seinen Nachlass auf verschiedene Arten regeln. Die wichtigsten Instrumente sind:
- Das eigenhändige Testament (vollständig handschriftlich, mit Ort, Datum und Unterschrift)
- Das notarielle Testament (vor dem Notar erklärt oder schriftlich übergeben)
- Der Erbvertrag (vertragliche Bindung zwischen dem Erblasser und dem Erben)
- Das gemeinschaftliche Testament (besonders bei Ehepaaren gebräuchlich)
Zusätzlich kann der Erblasser auch sogenannte Vermächtnisse anordnen, also bestimmten Personen konkrete Gegenstände oder Geldbeträge zuweisen, ohne sie als Erben einzusetzen. Ebenso möglich sind Auflagen, Bedingungen oder die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers.
In komplexen Familienverhältnissen – z. B. bei Patchworkfamilien – ist eine klare Nachlassregelung besonders wichtig. Denn ohne ein Testament würden etwa Stiefkinder leer ausgehen, wenn keine rechtliche Adoption erfolgt ist.
Die gesetzliche Erbfolge

Hat der Erblasser keine letztwillige Verfügung getroffen, greift die gesetzliche Erbfolge gemäß den §§ 1924 ff. BGB. Die Erben werden dabei nach sogenannten Ordnungen eingeteilt:
- Erste Ordnung: Kinder und deren Abkömmlinge
- Zweite Ordnung: Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen
- Dritte Ordnung: Großeltern, Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins
Innerhalb der jeweiligen Ordnung erben nur die nächsten Verwandten. Angehörige höherer Ordnungen schließen Angehörige niedrigerer Ordnungen aus. Ein Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner erbt zusätzlich nach besonderen Quoten, abhängig vom Güterstand (Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung etc.).
Die gesetzliche Erbfolge bietet eine grundlegende Struktur, spiegelt aber nicht immer den tatsächlichen Willen des Erblassers wider. Deshalb empfiehlt sich in den meisten Fällen die Abfassung eines Testaments.
Der Nachlass: Was gehört alles dazu?
Der Nachlass umfasst die Gesamtheit aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes. Dazu gehören:
- Immobilien
- Bankguthaben
- Wertpapiere und Aktien
- Fahrzeuge
- Hausrat, Schmuck, Kunstwerke
- Rechte (z. B. Urheberrechte, Marken, Patente)
- Forderungen
- Beteiligungen an Unternehmen
- Versicherungen mit Erbenstellung
Zugleich gehören auch Schulden zum Nachlass:
- Kredite, Hypotheken
- Steuerschulden
- Unterhaltspflichten
- Mietschulden oder offene Rechnungen
Erben übernehmen nicht nur die Vermögenswerte, sondern auch die Verpflichtungen. Ein Nachlass kann daher sowohl positiv als auch negativ sein. Ist er überschuldet, kann das Erbe ausgeschlagen oder auf die beschränkte Erbenhaftung zurückgeführt werden.
Schulden des Erben beim Erblasser
Hat ein Erbe selbst Schulden beim Erblasser – etwa durch ein privates Darlehen – so werden diese im Rahmen der Erbauseinandersetzung angerechnet. Das bedeutet, dass sich der Wert des Erbes um die Schulden des Erben verringert. Sind die Schulden höher als der Erbteil, kann es sogar sein, dass der Erbe leer ausgeht.
Beispiel: Eine Tochter hat sich vom Vater 20.000 Euro geliehen. Laut Testament erbt sie 25.000 Euro. In diesem Fall würden ihr real nur 5.000 Euro ausgezahlt, da die Schulden intern verrechnet werden. Deshalb ist es sinnvoll, zu Lebzeiten klare Vereinbarungen und schriftliche Schuldanerkenntnisse zu treffen.
Pflichtteil und Enterbung
Ein Erblasser kann grundsätzlich frei entscheiden, wer erben soll – aber nicht völlig. Denn bestimmte Personen haben einen gesetzlichen Mindestanspruch auf einen Teil des Nachlasses, den sogenannten Pflichtteil. Pflichtteilsberechtigt sind:
- Kinder des Erblassers (auch uneheliche und adoptierte)
- Ehepartner bzw. eingetragene Lebenspartner
- Eltern des Erblassers (wenn keine Kinder vorhanden sind)
Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils und muss in Geld ausgezahlt werden. Er wird nicht automatisch gewährt – die betroffene Person muss ihn aktiv einfordern. Das kann auch gegen den Willen des Erblassers geschehen.
Eine vollständige Enterbung ist rechtlich möglich, führt aber nicht zum Wegfall des Pflichtteils, es sei denn, es liegen schwerwiegende Gründe vor (z. B. schwere Misshandlung, Straftaten gegen den Erblasser oder nahe Angehörige).
Digitale Nachlässe
In Zeiten zunehmender Digitalisierung spielt auch der digitale Nachlass eine immer größere Rolle. Erblasser hinterlassen nicht nur physisches Vermögen, sondern auch:
- E-Mail-Konten
- Profile in sozialen Netzwerken
- Cloud-Speicher mit Fotos, Dokumenten, Verträgen
- Zugangsdaten für Online-Banking, Kryptogeld oder Online-Shops
Für die Erben ist der Zugang zu diesen Daten oft erschwert oder sogar unmöglich, wenn keine Dokumentation erfolgt ist. Deshalb sollten Erblasser eine Übersicht über ihre digitalen Zugänge erstellen und sicher hinterlegen – z. B. bei einem Notar oder in einem Bankschließfach.
Steuerliche Aspekte beim Erbe
Ein Erbe ist grundsätzlich erbschaftsteuerpflichtig, wenn die steuerlichen Freibeträge überschritten werden. Diese Freibeträge hängen vom Verwandtschaftsgrad ab:
- Ehegatten: 500.000 €
- Kinder: 400.000 €
- Enkelkinder: 200.000 €
- Geschwister, Freunde: 20.000 €
Die Steuersätze steigen je nach Erbschaftsvolumen und Verwandtschaftsgrad bis auf 50 %. Strategische Nachlassplanung – z. B. durch Schenkungen zu Lebzeiten – kann helfen, die Steuerlast zu reduzieren.
Was müssen Erben nach dem Todesfall beachten?
Nach dem Tod des Erblassers stehen Erben vor wichtigen Entscheidungen. Innerhalb von sechs Wochen (im Ausland sechs Monate) müssen sie sich entscheiden, ob sie das Erbe annehmen oder ausschlagen wollen.
Folgende Schritte sind empfehlenswert:
- Übersicht über Nachlass und Verbindlichkeiten verschaffen
- Testament oder Erbvertrag auffinden und eröffnen lassen
- Erbschein beantragen, falls erforderlich
- Pflichtteilsberechtigte prüfen
- Steuerberater und ggf. Anwalt einschalten
- Schulden gegenüber dem Erblasser prüfen (gegenseitig)
- Digitale Nachlässe sichern
Wer voreilig handelt, kann in eine persönliche Haftung geraten. Deshalb sollte jeder Erbe sorgfältig prüfen, was übernommen wird – und sich im Zweifel juristisch absichern.
Empfehlungen für Erblasser
Wer als Erblasser Verantwortung übernehmen möchte, sollte seinen Nachlass aktiv planen. Folgende Maßnahmen sind sinnvoll:
- Testament erstellen und sicher hinterlegen (z. B. beim Nachlassgericht oder Notar)
- Regelmäßige Aktualisierung bei Lebensveränderungen (z. B. Heirat, Scheidung, Geburt von Kindern)
- Schulden dokumentieren und Rückzahlungsfristen festlegen
- Digitale Zugänge und Vermögenswerte erfassen
- Pflichtteilsansprüche strategisch berücksichtigen
- Klar kommunizieren, wer was erhalten soll (Vermeidung familiärer Konflikte)
Je klarer und rechtssicherer ein Erblasser seine Wünsche formuliert, desto geringer ist das Streitpotenzial im Erbfall – und desto wahrscheinlicher wird der Wille auch umgesetzt.
Häufige Irrtümer rund um den Erblasser
Viele Menschen unterliegen falschen Annahmen über Erbschaft und Erblasserrollen. Die häufigsten Irrtümer sind:
- „Wenn ich nichts tue, erbt automatisch meine Frau alles.“ – Falsch, wenn Kinder vorhanden sind.
- „Ein handschriftliches Testament ist nicht gültig.“ – Doch, wenn es vollständig eigenhändig geschrieben und unterschrieben ist.
- „Ich kann jeden einfach enterben.“ – Nur eingeschränkt, da Pflichtteilsrechte bestehen.
- „Ich hafte nicht für Schulden des Erblassers.“ – Doch, wenn das Erbe angenommen wurde.
Aufklärung schützt hier vor Fehlentscheidungen und rechtlichen Konsequenzen.
Fazit
Der Erblasser ist der Ausgangspunkt jeder Erbregelung. Seine Entscheidungen – oder deren Ausbleiben – beeinflussen den gesamten Prozess der Nachlassverteilung. Wer seine Wünsche klar und rechtssicher formuliert, übernimmt Verantwortung über den Tod hinaus und gibt den Erben Orientierung in einer emotional belastenden Zeit.
Testierfähigkeit, Nachlassregelungen, Pflichtteilsansprüche, Steuerfragen und digitale Hinterlassenschaften: All das gehört heute zu einer umfassenden Nachlassplanung. Es lohnt sich, diese Themen frühzeitig anzugehen – für sich selbst, aber vor allem für die, die zurückbleiben.